Moorgeschichte |
Aus dem Buch: Die Kinder vom Sachsenhof Wolfger wusste immer so schön gruselige Geschichten zu erzählen. Am besten gefielen den Jungen die von dem Knaben im Moor. Ihnen selbst war es allerdings strengstens verboten worden, das Moor auch nur zu betreten. Zu gefährlich sei es, sagten die Erwachsenen mit ernsten Gesichtern. So mancher sei aus dem Moor nie zurückgekehrt und sei in ihm versunken. Doch Wolfger kannte alle Wege, und bald würde er die Tiere wieder ins Moorland treiben. Dort, wo es die saftigsten Gräser und Kräuter gab. Aber vorher würden die Mutterschafe ihre Lämmer bekommen. Einige davon sollten geschlachtet werden. Solange würde Wolfger mit den Tieren noch in der Nähe der Höfe bleiben. Jedes Jahr wurde den Göttern ein besonders kräftiges Lamm geopfert, damit sie ihnen Glück brachten und die Erde und Tiere besonders fruchtbar werden ließen.
An dieser Stelle präsentieren wir dir ein Gedicht von Annette von Droste-Hülshoff. Sie lebte vor mehr als 150 Jahren im Münsterland und gilt als die bedeutendste Dichterin dieser Zeit.Der Knabe im Moor
O, schaurig ist’s, übers Moor zu gehn, Unter jedem Tritte ein Quellchen springt,
Wenn aus der Spalte es zischt und singt – Fest hält die Fibel das zitternde Kind Und rennt, als ob man es jage
Hohl über die Fläche sauset der Wind – Hinducket das Knäblein zage.
Vom Ufer starret Gestumpf hervor, Durch Riesenhalme wie Speere;
Und wie es rieselt und knittert darin! Voran, voran, nur immer im Lauf,
Voran, als woll’ es ihn holen; Das ist der Geigenmann ungetreu,
Das ist der diebische Fiedler Knauf,
Da birst das Moor, ein Seufzer geht Weh, weh, da ruft die verdammte Margret: Ho, ho, meine arme Seele!
Der Knabe springt wie ein wundes Reh, Ein Gräber im Moorgeschwehle.
Da mählich gründet der Boden sich, Tief atmet er auf, zum Moor zurück
Noch immer wirft er den scheuen Blick: |